Die Autoimmunerkrankung des zentralen Nervensystems erfordert von Erkrankten einen hohen Einsatz. Für rund die Hälfte aller Patienten bedeutet die Krankheit, dass sie nicht mehr arbeiten können. Für viele ist das ein tiefer Einschnitt in der Lebensqualität.

Rund 13.500 Personen sind in Österreich von Multipler Sklerose (MS) betroffen. Frauen erkranken rund drei Mal öfter als Männer. Die chronisch-entzündliche Autoimmunerkrankung des zentralen Nervensystems tritt meist bei jungen Erwachsenen auf, üblicherweise zeigen sich die ersten Symptome zwischen dem 20. Und 40. Lebensjahr. Die Krankheit verläuft schubförmig, sodass es Perioden gibt, in denen die Multiple Sklerose sich nicht verschlechtert. Nach etwa 10-15 Jahren kommt es aber bei vielen Patienten zu einem progredienten Verlauf. Das heißt, dass sich die Krankheit kontinuierlich verschlechtert. Klassische Symptome sind dabei Gefühlsstörungen in Extremitäten, Seh- und Gleichgewichtsstörungen, Lähmungen sowie rasche körperliche und kognitive Ermüdung.

Priv.-Doz. Dr. Jörg Kraus

Priv.-Doz. Dr. Jörg Kraus ist Präsident der ÖMSG und Facharzt für Neurologie in Zell am See.

Krankheit führt zu Arbeitslosigkeit

Laut der jüngsten Cost of Illness (COI)-Studie, die Ende November publiziert wurde, arbeiten rund 54% aller MS-Patienten im erwerbsfähigen Alter nicht. Viele davon haben nur einen relativ geringen Behinderungsgrad. Folgen sind nicht nur Einschnitte in der Lebensqualität im Zuge von finanzieller Benachteiligung und sozialer Isolation, sondern auch erhebliche Kosten für die Volkswirtschaft. „Entscheidend für die Arbeitsfähigkeit ist, wie sehr Unternehmen ihren MitarbeiterInnen unterstützend entgegenkommen“, sagt Dr. Jörg Kraus, Präsident der Österreichischen Multiple Sklerose Gesellschaft (ÖMSG) und Facharzt für Neurologie.

„MS kann heute zwar noch nicht geheilt, mit der richtigen Medikation aber sehr erfolgreich behandelt werden. Ängste von Arbeitgebern sind daher oft unbegründet – Aufklärung ist dringend notwendig.“

Priv.-Doz. Dr. Jörg Kraus

MS erschwert Erwerbstätigkeit

An der COI-Studie haben 516 Patienten aus Österreich teilgenommen. 42,5% litten an der schubförmigen Verlaufsform. 54% der Teilnehmer im erwerbsfähigen Alter gaben an, nicht zu arbeiten. Erschreckend ist dabei, dass bereits 50% der Patienten mit einem leichteren Behinderungsgrad aus dem Arbeitsprozess fallen. 62% der Erwerbstätigen arbeiten als Teilzeitkräfte, ein Großteil davon aufgrund ihrer Erkrankung. 73% gaben an, dass die MS ihre Produktivität bei der Arbeit behindere. Am meisten leiden die Betroffenen unter Fatigue (Erschöpfung), eingeschränkter Mobilität, kognitiven Problemen, Schmerzen und getrübter Stimmung.

„Die Arbeitsfähigkeit der Betroffenen gilt es zu erhalten. Nicht nur durch medizinische Versorgung, sondern auch durch unterstützende Maßnahmen am Arbeitsplatz.“

Univ.Prof. Dr. Thomas Berger

Studienautor der COI-Studie und Vorstand der Univ. Klinik für Neurologie, MedUni Wien

Aufklärung und Unterstützung notwendig

Für jene Betroffenen ist es wesentlich, dass sie an ihrem Arbeitsplatz entsprechend Pausen machen können oder eben Teilzeit arbeiten. Daneben ist Aufklärungsarbeit enorm wichtig. Noch immer glauben viele Arbeitgeber, dass MS bedeutet arbeitsunfähig zu sein. Oft ist aber genau das Gegenteil der Fall: viele Erkrankte wollen so lange wie möglich erwerbstätig bleiben. Es braucht also mehr Anstrengungen, um sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer über Möglichkeiten und Unterstützungen aufzuklären.

Denn viele Multiple Sklerose Patienten landen in der Frühpension, obwohl sie noch gerne arbeiten würden. Dies hat auch Auswirkungen auf die Volkswirtschaft: die jährlichen Kosten pro betroffener Person schwanken zwischen € 25.100 (wenig Einschränkung) bis zu € 73.800 (schwere Beeinträchtigung).

Für Unternehmen gibt es – genauso wie für Betroffene selbst – vielfältige finanzielle Förderungen der öffentlichen Hand. Die Initiative „fit2work“ oder die befristete Arbeitszeitreduktion nach den Regeln des Wiedereingliederungsteilzeitgesetztes sind Möglichkeiten, die aber noch Verbesserungspotential bieten.

Autorin: Lisa Weber
Bilder: Adobe Stock | FINE FACTS Health Communication/APA-Fotoservice/Mirjam Reither

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